Fakten zu Walpurgis

 

Da heute jedes Junghexlein ungestraft jeden Unfug publizieren darf (es mangelt an natürlichen

Feinden…), so bin ich persönlich einer absoluten Falschinformation aufgesessen, nämlich, dass

Wulpurga der Inquisition zum Opfer fiel und verbrannt wurde. Das ist Unfug und für mich Grund

genug, sich damit zu beschäftigen.

 

Die Sache war so:

Walpurga heißt eigentlich Walburg(a) und richtig Valborg. Das heißt soviel wie „wehrhafte Burg“. Sie

wird 710 im angelsächsischen („westsächsischen“) Wessex, als die Tochter des Königs Richard von

England geboren.

Früh verwaist und für eine Vermählung nicht vorgesehen, erhält Walburga eine hervorragende

Ausbildung im Kloster und wird auf ein Leben in der Mission auf dem Festland vorbereitet.

Mit ihren beiden Brüdern geht sie dann auf Reisen, unternimmt mehrere Pilgerfahrten nach Rom und

Jerusalem und kommt schließlich ins mittelfränkische Heidenheim. Im dortigen Benediktinerkloster

wird sie Äbtissin und Vorsteherin. Sie soll mehrere Wunder bewirkt haben. So soll sie mit ein paar

Ähren ein Kind vor dem Hungertod gerettet haben und heilte Kindbettfieber und war auch sonst für

ihre Wohltätigkeit bekannt.

779 stirbt Walburga in Heidenheim im Beisein ihres Bruders Willibald, der mittlerweile Bischof von

Eichstätt ist. Aufgrund ihrer immerwährenden Reisetätigkeiten und ihrer heilenden Fähigkeiten wird sie

immer mit Reisestab und Salbenflasche dargestellt.

Dann gerät sie in Vergessenheit.

Erst Pabst Hadrian II. bettet ihre Gebeine am 1. Mai 870 von der Kirche in die Krypta des Klosters um

und nimmt ihre Seligsprechung vor.

Seither sondert der Sarg alljährlich im Herbst ein Kondensat ab, eine Art Öl, dem wundersame

heilende Kräfte zugesprochen werden… na ja…

In der mittelalterlichen Kalendersprache ist also „Walpurgis“ die Nacht vor dem 1. Mai, so wie andere

Heiligengedenktage heute noch mit einem festen Datum verknüpft sind oder umgekehrt (Martini,

Johannestag usw.).

 

Woher kommt aber nun die erzgebirgische Tradition des Wolpert- (Walpurgis) Feuers?

Der Ursprung liegt ohne Zweifel im keltischen Hauptfest Beltane. Die Kelten beeinflussten in unserer

Vorgeschichte stark die germanisch-heidnischen Gebräuche und Glaubenswelt. Allerdings gibt es

definitiv keine Anhaltspunkte, dass das ursprüngliche keltische Beltane mehr war, als ein simples

fröhliches Fest, bei dem man sich freute, dass der Winter endlich weicht und die warme Jahreszeit

Einzug hält. Die Feuer waren wahrscheinlich mehr Beleuchtung als rituelles Element. Beltane wird

auch als Fruchtbarkeitsfest bezeichnet – na ja, es wird schon lustig hergegangen sein…

Alles, was wir heute mit den Gebräuchen zu Walpurgis noch verbinden, ist eigentlich jüngeren

Datums.

Das bekannte Bild der wilden Vereinigung des „Gehörten“ mit der „großen Göttin“ ist ein aus

keltischen und germanischen Glaubensvorstellungen zusammengewürfelt. Dabei variieren die Namen

(Wodan, Freya…). Später ist es dann die Hexe, die auf einem Besen zum Brocken reitet und sich dort

mit dem Teufel vereinigt. Dasselbe Bild – derselbe Ursprung. All dies wird auf dieses Beltane-Fest

projiziert, weil es so schön gruslig heidnisch mystisch ist. Diese Mystifizierung beginnt aber bereits in

der Renaissancezeit und findet seinen vorläufigen Höhepunkt in der Romantik. Neu aufgegriffen in der

Neuzeit bediente sich der Nationalsozialismus dieser Mystik, um ein Bild vom germanischen

Übermenschen zu erzeugen.

 

Heute leben diese Gedanken im so genannten Neuheidentum oder Neopaganismus. Hier werden alle

möglichen Glaubensrichtungen zusammengefasst, die sich dieser Grundbestandteile bedienen, wie

z.B. dem Hexenglauben Wicca.

Im Erzgebirge halten sich aufgrund der heidnisch-germanischen Vorbesiedlung durch die Sorben und

der recht späten Neubesiedlung und Christianisierung im 13. Jh. diese alt-religiösen Traditionen

offenbar besonders lange. Hier verbindet man Wolpert mit einem Gebräu aus christlich frommem

Volksglauben und allerlei abergläubischen Elementen, wie das Fernhalten oder Vertreiben von bösen

Geistern und Hexen…

 

Vielleicht sollte man im „Wolpert-Obnd“ in heutiger Zeit einfach ein fröhliches Fest in den Maien

sehen, was es ja ursprünglich auch war. In jedem Fall aber, hat die selige Walburga mit der Sache

nichts zu tun. Aber an sie denken, am Vorabend ihrer Seligsprechung, ist nicht unchristlich…

© hg. 2011